rotherpfeffer als Medizinprobanden
+++ Medizinstudie +++ Margherita-Hütte am Monte Rosa-Massiv auf 4556m +++ Höhenkrankheit +++ Höchstes Haus Europas +++
Bilder der Tour
Im Sommer 2009 entdeckte Andreas eine Annonce, in der nach Probanden für eine Höhentauglichkeitsstudie gesucht wurde. Die Studie umfasste zwei Untersuchungen im Heidelberger Universitätsklinikum und ein langes Wochenende im höchstgelegenen Haus Europas, der Margherita-Hütte auf 4556m.
In der ersten Untersuchung wurde geprüft, ob unser Lungenarterien- Innendruck unter Sauerstoffmangel ansteigt. Dies war die medizinische Voraussetzung, um an der Studie teilzunehmen. Für diese Untersuchung mussten wir uns 2 Std. in einem Raum aufhalten, dessen Luft nur 12% Sauerstoff, statt der 21% auf Meereshöhe, enthielt. Das entspricht in etwa der Sauerstoffmenge, die man auf einer Höhe von 4500m pro Atemzug aufnimmt. Ob oben auf dem Berg oder im „Hypoxie-Raum“ der Uniklinik , der Effekt ist der gleiche - man muss schneller atmen, um genug Sauerstoff aufzunehmen.
Nach dieser Untersuchung war klar, dass wir als Probanden nicht in Frage kommen. Doch wir hatten Glück. Bei der Studie wurde je Proband ein Gegenproband mit ähnlicher, körperlicher Konstitution gesucht. Wir waren dabei.
Bei der zweiten Untersuchung setzten wir uns noch einmal für 2Std. dem Sauerstoffmangel aus und nahmen an einer Reihe von Untersuchungen teil, wie z.B. einem Belastungs-EKG, Blutabnahme am Ohr und Arm, Lunge röntgen, Lungenvolumen messen usw.
Am 08.August ging es nach Staffal in Italien. Wir waren gespannt auf die weiteren Probanden, das medizinische Personal und den Bergführer, der uns zur Margherita-Hütte bringen sollte. Der Weg dorthin ist nicht besonders anspruchsvoll und in der Annonce war einzig das „Gehen über 4Std“ als Voraussetzung zur Teilnahme genannt. Der Aufstieg war in zwei Etappen vorgesehen.
Am ersten Tag ging es mit der Seilbahn auf 3260m, um dann in ca. 4 Std. zu Fuß zur Gnifettihütte (3647m) aufzusteigen. Für Thilo begannen hier die Schlafschwierigkeiten und es stellten sich leichte Kopfschmerzen ein - erste Anzeichen der Höhenkrankheit.
Nach einem kargen Frühstück führte uns die zweite Etappe auf die Gletscher des Monte Rosa-Massivs. Mit Steigeisen an den Füssen ging es in Richtung Margherita-Hütte. Nach einigen Höhenmetern teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Eine, die den direkten Weg zur Hütte nahm, während die zweite Seilschaft den Umweg über 4 Viertausender einschlug. Mit Michl hatten wir einen kompetenten Bergführer, der uns sicher über die Gipfel des Balmenhorn (4167m), Schwarzhorn(4321m), Ludwigshöhe (4341m) und Parrotspitze (4432m) brachte. Beim finalen Anstieg zur Signalkuppe (4556m), auf dem die Margherita-Hütte steht, trafen wir wieder auf unsere andere Seilschaft. Mittlerweile sehr erschöpft kämpften wir uns die letzten Höhenmeter hinauf zum Ziel.
Wieder bei Atem wurden wir mit einem sehr leckeren Abendessen verwöhnt. Nach dem Essen folgte der medizinische Part mit Ultraschalluntersuchung, Blutuntersuchung,…. Nach dieser ärztlichen Zuwendung genossen wir unser beeindruckendes Domizil mit dem wahrscheinlich exponiertesten Balkon der Alpen. Die Hütte steht direkt am Abgrund der Monte-Rosa-Ostwand, welche mit ca. 2600m die höchste Wand der Alpen ist.
Am nächsten Morgen mussten wir früh aufstehen, um uns, gleich nach dem Frühstück, den Medizinern anzuvertrauen. Es wurden Fragebögen ausgeteilt, auf denen einzutragen war, wie es einem in der Nacht ergangen ist. Für uns beide war die erste Nacht auf der Margherita- Hütte nicht sehr erholsam. Thilo litt jedoch mit starken Kopfschmerzen und Erbrechen heftiger unter den Symptomen der Höhenkrankheit. Die Hütte machte ihrer Bezeichnung als „Kopfwehkiste“ alle Ehre.
Vor der unruhigen Nacht hatten wir geplant, direkt nach den medizinischen Untersuchungen auf die Dufourspitze zu steigen. Dieser, mit 4634m höchste Gipfel der Schweiz, wäre ein schönes Ziel an diesem Bergwochenende gewesen. Aber nicht nur unsere körperliche Verfassung sondern auch der Neuschnee auf dem letzten, exponierten Grad zum Gipfel und die Wettervorhersage haben uns bewogen, diesen Gipfel ein andermal anzugehen.
Stattdessen wanderten wir auf die nahe gelegene Zumsteinspitze (4563m), den Hausberg der Margherita-Hütte. Auf dem Gipfel angekommen, zog es sehr schnell zu, und wir machten uns auf den Rückweg. Die folgende Nacht war für uns etwas angenehmer und erholsamer als die erste.
Am Tag des Abstiegs wurden wir noch einmal den „üblichen“ Untersuchungen unterzogen. Anschließend ging es, in einer großen Seilschaft, schnell hinunter ins Tal, zurück in die "dicke Luft".
Die Höhenstudie war eine spannende und bereichernde Erfahrung, wobei die Gipfel uns für die unruhigen Nächte voll und ganz entschädigt haben. Wir sind in den Bergen noch nie so umfassend umsorgt worden (medizinisch und kulinarisch) wie an diesem Wochenende.