Spitzbergen März 2010

+++ 200km Rundtour ausgehend von Longyearbyen +++ Besteigung des Gustavfjellet (1216m) +++ Camp Morton +++ an der Abbruchkante des Fridtjofbreen +++ Barentsburg +++ Mitternachtstour auf den Nordenskiöldfjellet +++ Pyramiden mit dem Schneescooter +++

Bilder der Tour

Nach einer reibungslosen Vorbereitung sind wir am 24.03.2010 wohlbehalten in Longyearbyen gelandet. Diesmal hatten wir unser Gepäck im Flieger mitgenommen. Um das kostspielige Übergepäck zu reduzieren, besorgten wir unsere Verbrauchsgüter wie Lebensmittel, Batterien und Sprit vor Ort.

Nachdem wir alles Nötige gekauft und uns in einem Sportgeschäft einen trip wire (Bärenwarnzaun = Stolperdraht mit Knallkörpern) ausgeliehen hatten, ging es am 26. März los. Durch Longyearbyen, dem Adventdalen und den wenigen Straßenkilometern Longenyearbyens folgend, liefen wir Richtung Osten bis unterhalb der Mine 7. Sie ist die letzte aktive Mine in der Gegend um Longyearbyen und liegt am Eingang des Bolterdalen. Nach zurückgelegten 12km verschwand die Sonne hinter den Bergen, es wurde zapfig kalt und wir schlugen unser Zelt auf. Gleich in der ersten Nacht erlebten wir einen für uns neuen Kälterekord mit -28,5°C.

Am zweiten Tag folgten wir dem Bolterdalen Richtung Süden. In diesem Tal ist der Schneescooterverkehr untersagt, daher nutzen viele Musher dieses Tal für Trainingsfahrten und Tagesausflüge mit ihren Schlittenhundegespannen. Wir waren sehr erstaunt als zwei Schneescooterfahrer neben uns hielten, sich als Polizisten auswiesen und Auskunft über unseren genauen Routenverlauf und unsere Ausrüstung haben wollten. Nachdem wir alle Fragen zu ihrer Zufriedenheit beantwortet hatten, ging’s weiter durch das Bolterskaret ins Tverrdalen. Der Kontakt mit den Polizisten war für vier Tage unsere letzte Begegnung mit Menschen. Als Ausgleich dafür gab es viele Spitzbergen-Rentiere zu sehen.

Unser erstes Zwischenziel war der Gustavfjellet, mit 1216m der höchste Berg entlang unserer Route. Um ihn zu besteigen haben wir einen Gipfeltag eingelegt und das Zelt für zwei Nächte an Ort und Stelle belassen. Den 1100m hohen Aufstieg gingen wir ohne unsere Pulken und nur mit leichtem Gepäck an. Bei perfektem Wetter wurden wir mit einer traumhaften Fernsicht belohnt.

Tags darauf ging es im Reindalen Richtung Küste. Sehr schwer fiel uns das Abschätzen von Distanzen auf Svalbard. Durch die klare Luft und die fehlenden Anhaltspunkte (alles weiß) hatten wir beide oft das Gefühl, trotz stundenlangen Laufens, unserem Ziel nicht näher zu kommen.

Nach einer sehr windigen Etappe sind wir am Camp Morton angekommen. Hier fand 1918-19 ein Probeabbau von Kohle statt. Davon zeugen heute noch alte Hinterlassenschaften wie umgestürzte Baracken, gusseiserne Herde, aber auch Schienen und Güterloren. Diese wurden zurück gelassen als festgestellt wurde, dass der Abbau unrentabel ist.

Neben all diesen Zeitzeugen aus vergangenen Tagen steht noch eine bewohnbare Hütte. Diese ist zwar in Privatbesitz, aber unter dem zugänglichen Dachspitz kann man seine Isomatte ausrollen. Für diese Abwechslung waren wir, wegen des starken Windes sehr dankbar.

Eine Woche nachdem wir losgelaufen waren erreichten wir den Fridtjofbreen. Ein sehr beeindruckender Gletscher, der direkt ins Meer kalbt. Nachdem wir unser Zelt an einem wunderschönen Ort mit direktem Blick auf den Gletscher aufgeschlagen hatten, liefen wir auf dem Meereis bis kurz vor seine Abbruchkante. Alle paar Sekunden hörten wir ein dumpfes Knacken aus dem Innern des Gletschers. Die senkrechte Abbruchkante war geschätzte 20m hoch.

Nach diesem Highlight ging es am nächsten Tag auf dem Gletscher mehr als 10km bergauf. Auf seinem höchsten Punkt konnten wir, die ca. 20km entfernte, russische Bergbausiedlung Barentsburg sehen. Nach einer kurzen, steilen Abfahrt schlugen wir unser Zelt am Fuße des Gletschers auf.

Der folgende Tag war öde und eintönig, da es, ohne nennenswerte Abwechslung, auf dem Meereis Richtung Rauchfahne des Kraftwerks von Barentsburg ging. Der Ort ist einzig für den Bergbau gegründet worden und machte auf uns einen sehr deprimierenden Eindruck. Der Schnee ist grau vom Rauch und viele Gebäude stehen leer und verfallen. Es leben noch ca. 400 Menschen in dieser Siedlung. Im Gegensatz zu Longyearbyen, das sich mehr und mehr um Touristen bemüht, wird Barentsburg weiterhin nur für den Bergbau am Leben erhalten. Wir sind in dem einzigen Hotel der Stadt untergekommen. Allerdings schliefen wir in einer Art Trockenraum auf unseren Isomatten, da uns ein einfaches Zimmer für ca. 100€ pro Nacht zu teuer war.

Ab Barentsburg war der ca. 60km lange Rückweg von vielen Scooterspuren geprägt. Sie stammen unter anderem von den Tagesausflüglern, die von Longyearbyen nach Barentsburg kommen.

Kurz vor dem Ende der Tour, nach einem kernigen Aufstieg aus dem Fardalen hoch auf den Longyearbreen haben wir unser Zelt noch einmal, in Sichtweite von Longyearbyen, aufgeschlagen.

In unserer letzten Nacht „im Freien“ unternahmen wir eine Tour auf den Nordenskiöldfjellet (benannt nach Adolf Erik Nordenskiöld), den Hausberg Longyearbyens. Da wir erst um 21:30Uhr starteten war die Sonne schon untergegangen. Allerdings sank sie seit dem zweiten April nicht mehr als 6° unter den Horizont. Dadurch hatten wir die ganze Nacht eine fantastische Dämmerstimmung und ein unvergessliches Erlebnis.

Am 13 Tag unserer Tour mussten wir uns nur noch auf die Skier stellen und bis vor unsere Unterkunft abfahren. Dort war eine der ersten Fragen von unserem Hauswirt: Habt ihr Eisbären gesehen?

Nein, haben wir nicht und darüber waren wir wirklich froh. Das Herz wäre uns nur dann nicht gleich in die Hosen gerutscht, wenn der Bär uns nicht bemerkt und sich von uns weg bewegt hätte. Und ganz ehrlich, selbst wenn es so gekommen wäre, was sehr unwahrscheinlich ist, hätten wir wohl trotzdem äußerst schlecht geschlafen.  ;-)

Da wir unsere Schlechtwetter-Reservetage nicht benötigt hatten, nutzten wir einen der verbleibenden Tage, um zwei Scooter auszuleihen und einen Ausflug nach Pyramiden zu unternehmen. Pyramiden ist eine seit 2000 verlassene, russische Bergbausiedlung. Vieles wirkt so, als wären die Menschen erst gestern gegangen. Die meisten Häuser sind abgesperrt und dürfen nicht betreten werden. Ausnahme war eine Industrieruine deren Türen offen standen wodurch wir einen Blick ins Innere werfen konnten. Da wir nicht wussten ob unser Sprit bis zurück nach Longyearbyen reicht, wurde die Rückfahrt zu einem unerwartet spannenden Ereignis. Mit den letzten Tropfen erreichten wir die Tankstelle.

Mit der Gewissheit wieder zu kommen verpackten wir unsere Ausrüstung für den Rückflug.